Absolut Geisteskrank

Genau vor einer Woche bin ich in Australien gelandet. Nun kann ich sagen, dass es die sieben krassesten Tage meines Lebens waren, denn mal wieder habe ich erfahren dürfen, dass es immer anders kommt als man denkt.

Am Mittwoch startete unser Roadtrip. Zunächst holten wir unser extrem cooles Auto ab. Es war komplett bunt lackiert, aber schon total alt, denn kurz nachdem wir Darwin verlassen hatten, feierten wir den 300.000sten Kilmometer des Autos. Leider sollten nur noch weitere 150  Kilometer dazukommen, aber dazu später mehr.

 

Die Strecke nach Litchfield war nicht allzu spannend, doch das Linksfahren war teilweise wirklich lustig, denn hin und wieder hat Tom anstatt den Blinker, den Scheibenwischer benutz. Nach guten zwei Stunden kamen wir schließlich im National Park an und fuhren als erstes zu den Termitenhügeln. Zwar waren die echt groß, aber nicht so spannend, wie gedacht. Danach ging es dann zu den Buley Rockholes. Das sind ganz viele kleine "Wasserfälle" und Rockholes, in denen man schwimmen und rein springen kann. Insgesamt haben wir dort ein paar Stunden verbracht, einfach nur entspannt und die Natur genossen. Den Rest des Tages sahen wir uns noch zwei weitere Wasserfälle (Florence Falls und Wangi Falls) an und verbrachten die meiste Zeit einfach nur mit Baden. Endlich habe ich auch mein erstes typisches  australisches Tier gesehen - Wallabies. Insgesamt war es bis dahin ein wahnsinnig schöner Tag mit tollen neuen Eindrücken.

 

 

Langsam rückte der Abend näher und wir entschlossen uns so langsam den nächsten Campingplatz aufzusuchen. Wir entschieden uns für die Surprise Creek Falls. Der Weg dorthin war ein 4 Wheel Drive Track, also perfekt für uns mit unserem 4 Wheel Drive, dachten wir zumindest. Es folgten Schotterwege, Zuckersand und Passagen durch (zunächst) kleine Flüsse. Immer nach dem Motto der Jungs "EINFACH MACHEN" durchquerten wir das Buschland Australiens und hatten echt eine menge Spaß in unserem Auto. Doch dann kam unser Verhängnis - der gute alte Raynolds River. Wir fuhren zunächst bergab, es folgte eine Kurve und dann sahen wir den Fluss. Aber was solls? Mit Vollgas rein da, dachten wir uns - einfach machen halt! Doch schon nach ein paar Metern fuhren wir uns fest und sofort lief Wasser durch die Türen. Wir kletterten durch die Fenster nach draußen und versuchten das Auto irgendwie da raus zu bekommen, hat aber alles nichts gebracht.

 

Irgendwo im Nirgendwo standen wir also komplett allein in einem Fluss in Australien. Ja, dort leben Krokodile, Schlangen und, wie wir einen Tag später erfahren haben, auch wilde Büffel, die gern Menschen aufspießen. Völlig geisteskrank kamen wir dann auf die Idee einfach bis zum Campingplatz zu laufen, kann ja nicht mehr allzu weit sein, vermuteten wir. Schnell packten wir noch ein paar Sachen und nahmen Essen und Trinken mit (alles natürlich im Angebot - DANKE an Coles und seiner Selbstbedienung). Hin und wieder kam dann auch mal eine Milchpackung geflogen, die leider nicht dort ankam, wo sie eigentlich hin sollte, aber so hatten wir wenigstens trotz allem etwas zu lachen. Schnell machten wir noch ein Abschiedsbild und schon folgte ein 12 Kilometer langer Fußmarsch durch das Outback, wobei mit der Zeit auch die Sonne unterging und es stockdunkel wurde. Ich weiß nicht, ob ihr euch das in Deutschland vorstellen könnt, aber ja, es war echt gefährlich und einfach nur verrückt, was wir gemacht haben und nein, der Notruf funktioniert dort natürlich nicht. Mit unseren Handytaschenlampen und Musik, um all die Viecher zu vertreiben, liefen wir 3 Stunden mit nassen Schuhen durch die Gegend und erzählten uns kranke Geschichten, um uns die Zeit zu vertreiben. Wir hatten keine Ahnung, wann wir am Campingplatz ankommen würden. Zwar hat Franz jede halbe Stunde auf sein Handy geschaut und geortet, wo wir sind und jedes Mal gesagt "es ist nicht mehr weit", aber es wurde einfach nicht dichter.

 

Auf dem Weg haben wir außerdem dezent die Natur verschmutzt, denn wir mussten uns einfach von unseren Chips (im Angebot natürlich), Karotten (waren mit Sonnencreme überzogen) und den leeren Wasserflaschen trennen, um an Gepäck zu sparen. Auf halber Strecke haben wir dann unsere Blasen an den Füßen verarztet und Tom mit Hustenbonbons vollgestopft, weil er einfach mal mega erkältet war (Tom, falls du das hier liest: Respekt, dass du es einfach mal geschafft hast, so lange nicht zu reden). Und dann folgte der nächste Schock. Wir mussten mitten in der Nacht einen kleinen Fluss durchqueren und konnten nicht sehen, was dort drinnen ist, aber wir mussten es einfach machen, immerhin wollten wir ja  nicht davor warten. Uns blieb also nichts anderes übrig, als einfach weiter zu gehen und ja, wir haben es ja auch geschafft. Irgendwann sahen wir in der Ferne ein Lagerfeuer und wussten, dass unser Ziel naht - ENDLICH! Auf dem Campingplatz angekommen erzählten wir anderen Backpackern unsere Geschichte und waren mega froh, als sie uns ihre Hilfe anboten, uns Zelte für die Nacht gaben und uns versicherten, unser Auto am nächsten Tag aus den Fluss zu ziehen. Die nächsten Stunden verbrachten wir gemeinsam am Lagerfeuer und hatten noch einen wirklich guten Abend (I never ever...). Es folgte meine erste Nacht im Zelt, wohl bemerkt, in den Sachen, die ich schon den ganzen Tag getragen habe, ohne Schlafsack, ohne Decke und mit scheiß spitzen Steinen unter mir (jetzt habe ich am ganzen Bein blaue Flecken). Außerdem hielten mich die Goamusik und die philosophischen Gespräche der Anderen weiterhin die halbe Nacht wach. 

 

Am nächsten morgen war es dann der Plan, unser Auto zu retten. Insgeheim hofften wir, dass es einfach wieder anspringt, wir zurück nach Darwin fahren, das Auto sauber machen und es einfach zu Wicked Campers zurückbringen - "Dreistigkeit siegt". Doch so einfach sollte es nicht werden. In einer Art Blitzaktion fuhren Tom und Franz mit den Anderen zum Raynolds River (08:30 Uhr). Carlotta und ich blieben im Camp zurück. Wir dachten wir würden einfach mit dem zweiten Auto zum Fluss fahren, aber im Endeffekt verbrachten wir die nächsten 10 Stunden dort  im Busch. Keine Ahnung, was bei den anderen los war, warteten wir den ganzen Tag darauf, abgeholt zu werden, doch es wollte einfach keiner kommen. Im Laufe des Vormittags brachten die Anderen Backpacker uns unsere Rucksäcke und einen Kanister Wasser sowie eine Packung Reiswaffeln. Ihr glaubt gar nicht, wie ich mich darüber gefreut habe!! Immerhin hatte ich seit einem Tag so gut wie gar nichts gegessen und das Wasser ist uns auch schon ausgegangen.

 

Stunde für Stunde verloren wir unsere Hoffnung, dass unser Auto noch heile war, denn die Jungs kamen einfach nicht zurück. So langsam realisierten wir auch, was uns eigentlich passiert ist und, dass eine Menge Kosten auf uns zu kommen dürften. Das erste Mal auf meiner Reise war ich echt am Boden zerstört und wusste nicht mehr, wie es weiter gehen soll. Mein erster Gedanke war, dass ich jetzt zurück nach Deutschland fliegen muss und das wäre auf jeden Fall das schlimmste für mich. Reisen ist also doch nicht immer das Paradies auf Erden, auch das weiß ich nun. Die nächsten Stunden verbrachten wir erst einmal mit heulen und sahen einfach keinen Schimmer Hoffnung mehr, vor allem als wir erfuhren, dass unser Auto total schrott ist und abgeschleppt werden muss (der Typ hat uns diese Nachricht aber auch echt extrem unsensibel verkündet - tut mir ja auch leid, dass der keine Deutschen mag, obwohl er selbst einer ist, aber ein bisschen mehr Mitgefühl wäre nett gewesen!) Wie dem auch sei, ich wusste wirklich nicht, wie es weiter gehen sollte.

 

Und das nächste Drama ließ nicht lange auf sich warten. Um 13:00 Uhr fuhren unsere Leute vom Campingplatz fort und somit waren Carlotta und ich ganz allein in der Wildnis. Zwar wurde uns gesagt, dass wir in zwei Stunden abgeholt werden, aber da es mit der Kommunikation den ganzen Tag lang sowieso nicht gut funktioniert hat, waren wir uns da nicht ganz so sicher und allein bleiben wollten wir auch nicht unbedingt, vor allem weil wir nun keine Stühle mehr hatten und mit all unserem Gepäck zum Anfang des Campingplatzes laufen mussten, um auch gefunden zu werden. Es war extrem heiß und da ich keine Sonnencreme bei mir hatte, bekam ich einen schönen Sonnenbrand. Unsere Laune wurde mit der Zeit zwar besser und wir schworen uns in Australien zu bleiben, egal, was passiert, aber mit den Stunden bekamen wir echt Angst, dass niemand uns holen kommt. Um 18:00 Uhr saßen wir immer noch mutterseelenallein auf dem roten Boden und sahen schon vor uns, wie wir noch eine Nacht auf dem Campingplatz verbringen müssen. Erneut schwand unsere Hoffnung und die Laune war im Keller. Immer wieder dachten wir, dass wir Autogeräusche hörten und jemand kommt, aber dann war es doch nur ein Hubschrauber oder es kam einfach gar niemand und wir vegetierten weiter vor uns hin. 

 

Um 18:30 Uhr bog dann schließlich ein Auto auf den Campingplatz ein, doch da Carlotta und ich die Hoffnung abgeholt zu werden schon längst aufgegeben hatten, guckten wir eigentlich gar nicht wirklich hin. Jedoch hielt das Auto direkt neben uns an und auf einmal sah ich die Jungs im Auto sitzen. Endlich waren wir gerettet!! Die Freude, die ich in diesem Moment verspürt habe, kann ich wirklich nicht in Worte fassen, aber ich kann nur sagen, dass man in meinem Blick wahrscheinlich mehr Glücksgefühle ablesen konnte, als an Weihnachten und am Geburtstag zusammen. 

 

Nun machten wir uns auf den Rückweg nach Darwin. Das Abschleppunternehmen kam mit 3 Autos, wodurch jeder von uns (fast) ein Auto für sich allein hatte. Die Leute, die uns abgeholt haben, waren außerdem alle extrem gut drauf und somit war die Rücktour auch ein echtes Highlight.  Angekommen auf dem Hof der Autovermietung fragten wir dann, wie teuer der ganze Spaß denn nun eigentlich sei und wir sind davon ausgegangen, dass das Abschleppen nach Kilometern oder so bezahlt wird, aber nein, die Frau sagte einfach nur "It's 2500 Dollar guys" (ihren Blick dazu werde ich niemals vergessen!!) ohne Berechnung oder sonst was. Nachdem sie dann mehrmals 2500 : 4 x 4 gerechnet hat, stand also fest, was uns der ganze Spaß gekostet hat. Meine Reisekasse lässt grüßen. Am nächsten Tag stellte sich außerdem noch heraus, dass wir für unser geschrotetes Auto 2000 Dollar bezahlen müssen, was jedoch weniger war, als gedacht.

 

Das war also mein erster Roadtrip. Ein völliger Erfolg würde ich mal sagen. Auf jeden Fall bin ich nun um einiges Geld ärmer, mein MacBook ist kaputt, weil es ins Wasser gefallen ist (von daher kann ich erst einmal kaum noch Blogeimträge schreiben) und wir haben einfach mal ein Auto versenkt. Jetzt im Nachhinein wissen wir, dass es völlig geisteskrank war, ohne wirkliches Wissen über Australien und seine Gefahren einfach in die Wildnis zu fahren, doch wer konnte schon wissen, dass ein Auto mit Allradantrieb einen 4 Wheel Drive Track nicht überlebt? Diese zwei Tage waren das krasseste, was ich je erlebt habe, doch man muss auch ehrlich sagen, dass wir immer wieder unsere Humor bewiesen haben und die Zeit einfach mal extrem lustig war. Und wer kann schon von sich behaupten, so etwas erlebt zu haben? Egal, was passiert, ich werde unseren Roadtrip niemals vergessen und nun kann ich eine Geschichte erzählen, die einfach mal einmalig ist und wohl das größte Abenteuer meines Leben darstellen sollte. Außerdem habe ich drei unglaublich tolle Menschen kennengelernt, mit denen ich einfach mal die letzten 7 Tage (hauptsächlich auf unserer Privatcouch) zusammen verbracht habe und so viel kranke Sachen erleben durfte. Vielleicht mieten wir ja irgendwann noch einmal gemeinsam einen 4 Wheel Drive (dann mit einem Snorkel) und machen einen "normalen" Roadtrip, bei dem wir noch einmal gemeinsam über unser Abenteuer lachen können und natürlich nicht noch einmal das Auto schrotten. Aber egal - EINFACH MACHEN HALT!

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Kommentare: 2
  • #1

    Oma (Samstag, 03 September 2016 19:04)

    Da hattet ihr wirklich noch sehr viel Glück im Unglück gehabt.Wir sind froh ,dass du so tolle Freunde getroffen hast auf die man sich auch in der Not verlassen kann.Sag ihnen herzlichen Dank von uns :-) :-) :-)

  • #2

    Peggy Stefan (Samstag, 03 September 2016 20:12)

    Adrenalin pur☺Was ihr da wieder erlebt habt.Diese Tour hat nicht jeder in Australien.Aber super,wie ihr sie gemeinsam gemeistert habt.